Die nunmehr seit knapp 3 Jahren in Graz bestehende Kompanie für zeitgenössischen Tanz SubsTanz versucht den speziellen gegenwärtigen Herausforderungen nicht mit Resignation, sondern so positiv und aktiv wie möglich zu begegnen. Einerseits mussten sie zwar ihr großes Jahresprojekt in den Herbst verschieben, andererseits bieten sie mit der kleinen Aufführung „Mirror“ Outdoor aber niederschwellig visuell Entspannendes.
Thematisch widmen sie sich in ihrer 30minütigen Tanzperformance einerseits der Idee, dass Spiegelung in Zeiten der Distanz einander näher bringen könne – was nur bedingt und wohl auch aus Gründen lediglich einfacher technischer Unterstützung kaum nachvollziehbar wird. Andererseits widmen sie sich dem motivierenden Gedanken (und der großen Hoffnung), dass jede Aktion eine adäquate Reaktion verursache; frei nach „Wie man in den Wald ruft…“ oder aber, performanceimmanent interpretiert: gespiegelt wird. Derartiges würde und könnte also durch Übernahme/Spiegelung eigener Fehler (hoffentlich) zur Selbstreflektion und „Besserung“ führen. Dies auf der Bühne tänzerisch umzusetzen, gelang in Ansätzen als Idee auch immer wieder kurz. Am greifbarsten und überzeugendsten in einem Art Pas de deux im Mittelteil: Hier gelingt über längere Strecken eine spannungsreichere, eigenständige Dynamik in Bewegungssequenzen von größerer, markanterer Individualität.
Insgesamt ist im Vergleich zu den Themen der bisherigen Vorstellungen „Kuckucksnest“ (s. Kritik März 2019) und „Verfall“ (s. Kritik Oktober 2020), die eine kaum zu bewältigende inhaltliche Bandbreite abdecken mussten, die hier erprobte Reduktion und thematische Fokussierung jedenfalls richtig und zielführend. So manch Detail (Einblendungen im Spiegel, Steigen-Lassen von Luftballons – von der Umweltfrage einmal abgesehen…) bliebe aber immer noch als wenig sinnstiftend wegzulassen und so Wesentliches wie die Musik bezüglich ihrer bunten Auswahl zu hinterfragen - im Sinne von: Warum diese nicht nachzuvollziehende Mixtur? Verursacht eine inhomogene Auswahl doch eher einen Zerfall des Konzepts in eine Nummernrevue als die Vertiefung des zugrundeliegenden schönen Gedankens.
Das atmosphärisch positive Wollen im tänzerischen Miteinander, das engagierte Suchen nach dem, was Künstlerisches jenseits eines Konzepts und der grundsätzlich notwendigen Technik ausmacht, ist spürbar, ist ansteckend und nimmt daher auch immer wieder ein wenig mit. Des einen oder anderen neuen, mutig-zeitgemäßen, einprägsamen Schritts bedarf es allerdings hinsichtlich der Regie, die in den Händen von Xianghui Zeng liegt, aber durchaus auch gemeinsam mit den (derzeit) fünf Tänzerinnen erarbeitet wird.
SubsTanz: „Mirror“, Outdoor-Bühne Lesliehof, Graz am 28. Juni 2021 (Premiere 27. Juni 2021)