Was dem menschlichen Gehirn nicht gelingt, den flüchtigen Augenblick festzuhalten, kann die Kamera des Fotografen. Tänzerinnen und Tänzer der beiden Wiener Opernhäuser in Ruhe zu betrachten, den von der Kamera vorgetäuschten Stillstand der Bewegung zu genießen, erlaubt ein neuer Fotoband von Josef Gallauer über die Tänzerinnen und Tänzer der Wiener Staatsoper und Volksoper.
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Sir Simon Rattle, künstlerischer Leiter der Berliner Philharmoniker, und der Choreograf Royston Maldoom haben 2004 mit dem Film „Rhythm is it!“ das Konzept des Community Dance in Deutschland und Österreich mit einem Paukenschlag bekannt und populär gemacht.
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Jacalyn Carley hat bereits bei Royston Maldooms Autobiografie mitgearbeitet. Das vorliegende Praxisbuch ist ein weiteres Produkt dieser Zusammenarbeit der beiden und beleuchtet die praktischen Aspekte für die Arbeit im Community Dance. Es bietet einen Leitfaden für die Organisation und Durchführung von Tanzprojekten, stellt die Frage nach der Nachhaltigkeit wie Publikumsgewinnung, Artists in Residence und Festivals.
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Die britische Performancegruppe Forced Entertainment hat ihren 20. Geburtstag schon einige Jahre hinter sich und dennoch nicht die Absicht, sich zur Ruhe zu setzen. Die 1984 von ehemaligen TheaterwissenschaftlerInnen der Universität Exeter in Sheffield gegründete Gruppe kann einen ungewöhnlichen Werkkatalog vorweisen. Haben Forced Entertainment doch im Lauf ihrer Arbeit beschlossen, keine der üblichen Grenzen des Theaters mehr anzuerkennen. Weder zeitliche - manche Vorstellungen dauern sechs, zwölf oder gar 24 Stunden -, noch stilistische oder mediale. Installationen, Videos, Fotografien zählen ebenso zu den Produktionen des Teams unter Tim Etchells wie Internetarbeiten oder reflexive Essays. Essays über die Gruppe bietet auch ein ansehnlicher, weil zweisprachiger (Deutsch /Englisch) Band über diese Ausnahmeerscheinungen auf der Theaterbühne. Denn, eines muss festgehalten werden, wenn Forced Entertainment auch mit dem Publikum Kontakt aufnehmen, das Publikum beschimpfen oder auffordern, wegzugehen, über ihre eigene Arbeit reflektieren und spielen, oder einfach am Tisch sitzend lange Reden halten, die SpielerInnen verlassen niemals die Bühne. Die eine Rolle (oder auch sich selbst) spielenden Frauen und Männer reißen möglicherweise die vierte Wand ein, aber sie überspringen sie dann doch nicht. Auf Einladung der Wiener Festwochen war die Truppe auch bereits mehrmals in Wien zu sehen.
Forced Entertainment sind anarchisch und frech, sie lassen die Grenzen zwischen Gespieltem und Realität immer mehr verschwimmen und zetteln auf der Bühne gerne einen Diskurs über das Theater und seine Funktion, also darüber, was sie da gerade tun, an. Für dieses Ensemble ist die ganze Bühne Welt. Möglich, dass man mit der ausufernden Selbstdarstellung, der mangelnden Rücksicht auf ein sich nach unterhaltender Entspannung sehnendem Publikum, der Dreistigkeit einer ihre eigenen Ziele verfolgenden Truppe nicht immer zurecht kommt, auch oft nicht versteht, worum es da eigentlich geht, sicher ist, dass Forced Entertainment und ihre Arbeit in der Beschreibung und Reflexion ganz nahe kommen, näher möglicherweise als in der direkten Konfrontation zwischen Bühne und Zuschauerraum.
Zu verdanken ist das der in Wien lebenden Theaterwissenschaftlerin und Kritikerin Judith Helmer, die gemeinsam mit dem Journalisten Florian Malzacher die erste Buchpublikation über Forced Entertainment herausgegeben hat. Obwohl Helmer ihre Diplomarbeit über F. E. geschrieben hat, ist sie selbst nur mit dem Einleitungsbeitrag vertreten. Durch die unterschiedlichsten Beiträge renommierter AutorInnen wird Forced Entertainment von vielen möglichen Seiten unter die Lupe genommen und beleuchten. Kritikpunkte allerdings werden nicht angestrahlt - Forced Entertainment haben auch unter Fachleuten nur AnhängerInnen. Dennoch, das Buch ist wärmstens zu empfehlen: Wissenschaftliche Analysen stehen neben essayistischen Annäherungen (Hans-Thies Lehmann schlägt eine Brücke zu Shakespeare), subjektive Eindrücke finden sich neben informativen Rückblicken auf erste Arbeiten in den Achtzigerjahren oder die innovativen Ansätze ab den Neunzigerjahren, das Theater spielerisch auf seine grundlegenden Prinzipien zu untersuchen (Helmer). Tim Etchells selbst hat einen Text „über 20 Jahre mit 66 Fußnoten“ verfasst und sich auch für ein Interview zur Verfügung gestellt. „Not Even a Game Anymore“gibt nicht nur spezifische Auskunft über das Theaterkollektiv und seine Arbeit, sondern darüber hinaus auch über Formen, Intentionen und Möglichkeiten von Performance überhaupt.
Hg Judith Helmer / Florian Malzacher (Hg): Not Even a Game Anymore
ISBN: 978-3-89581-115-7
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„Die Künste sind bekanntermaßen ein Hauptfeld der Intrige, insbsondere die darstellenden Künste … Sind demnach also Menschen, die sich von berufs wegen diesen Künsten hingeben, besonders anfällig dafür, ‚Täter“ oder ‚Opfer' von Intrigen zu sein“, fragt Ralf Stabel in seinem Buch IM Tänzer. IM steht in diesem Fall für „Inoffizieller Mitarbeiter“, denn der Autor hat ein Stück deutsch-deutscher Geschichte aufgearbeitet. Es geht um das Spitzelwesen des Staatssicherheitsdienstes (Stasi) der DDR, der sich gerne aus den Reihen des künstlerischen, technischen und administrativen Personals InformantInnen anwarb, die über KollegInnen Auskunft gaben. In der DDR galt Kunst als Waffe im Kampf der gesellschaftlichen Systeme und spielte daher eine zentrale Rolle in der ideologischen Propaganda. Themen der Bespitzelung waren: mögliche Fluchtpläne in den Westen, sexuelle Vorlieben, ideologische Einstellungen, aber auch die Einhaltung eines künstlerischen Programms, das dem Regime genehm war. Insgesamt ging es der Staatssicherheit darum, möglichst lückenlose Profile der Staatsbürger anzulegen - informelle MitarbeiterInnen waren in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu finden. Ein gefährliches Spiel, auf das sich die InformantInnen größtenteils „freiwillig“ einließen.
Der Pakt der IM mit der allmächtigen Partei hatte freilich viel weit reichendere Folgen als dies eine gemeine Intrige in einem freien Staat auszulösen imstande ist. Immerhin waren bei der Anwerbung der IM neben ideologischen auch finanzielle Gründe maßgeblich. Nicht nur ehemals Betroffenen - und jeder DDR-Bürger war potenziell ein Subjekt der Bespitzelung - muss es bei der Lektüre kalt über den Rücken laufen.
Stabel hat gründlich recherchiert und das Spitzelwesen und die Tätigkeiten der IM in der Deutschen Staatsoper Berlin und an der Palucca-Schule Dresden dokumentiert sowie die „Karrieren“ der IM-Netzwerker „René“ und „Tom“ verfolgt. Besonders interessant ist das Kapitel über Gret Palucca, der letzten Vertreterin der Moderne in der DDR. Obwohl sie weder Mitglied der NSDAP noch der SED war, gelang es ihr, sich immer mit den Mächtigen zu arrangieren. Geholfen hat ihr dabei eine scheinbar völlig apolitische Haltung und eine mächtige Portion Selbstbewusstsein. Freilich war sie immer ein Subjekt der Bespitzelung, aber ihre diversen Eskapaden (inklusive ihrer Absetzung in den Westen) blieben weitgehend ohne folgen. Es dürfte also wohl auch die apolotische Haltung vieler TänzerInnen dazu beigetragen haben, dass die Stasi in diesem Berufsstand relativ einfaches Spiel hatte.
Stabels Buch ist nicht nur aufgrund seiner differenzierten Haltung gegenüber „Opfern“ und „Tätern“ lesenswert (er nennt die Beteiligten nur mit ihrem Decknamen, die tatsächlichen Personen werden nicht vorgeführt), sondern auch deshalb, weil er einen Einblick in eine bisher weitgehend unbekannt Tanzgeschichte gibt. Diese freilich ist ebenso ideologisch geformt und gefärbt wie das ganze DDR-System - auch darüber hatten die IM zu wachen.
Ralf Stabel: IM "Tänzer"
Erscheinungsjahr: 2008
ISBN: 978-3-7957-0165-9
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Carols Acostas Biografie ist sympathisch, schon allein deshalb, weil er sich der Autor nicht ständig als der Größte und Beste vermarktet. Die Stärke des Buches liegt vielmehr in der Beschreibung der emotionalen Kämpfen, die der Junge aus ärmsten Verhältnissen durchlebt, als ihn seine Karriere immer weiter von seiner Familie entfremdet. Sein Vater, Lastwagenfahrer, hatte Ballett für seinen Sohn als Beruf gewählt, und setzte diese Wahl mit drakonischen Mitteln durch - er prügelte seinen Sohn buchstäblich in die Ballett-Karriere. Nur langsam fügte sich der Junior, der doch viel lieber Fußballspieler werden wollte und bei den Breakdance-Wettbewerben seines Viertels siegreich war, in sein Schicksal. Nach seinen ersten Erfolgen beim Prix de Lausanne und beim Tanzwettbewerb in Paris bricht anlässlich der Krankheit seiner Schwester Berta, noch einmal der Frust über den eingeschlagenen Weg auf: „Du hast die Chance auf eine andere Zukunft. Das wirkliche Verbrechen wäre es, das wegzuwerfen“, sagt sein Vater zu ihm. Der junge Acosta bezahlt diese Chance mit einer grenzenlosen Einsamkeit. Die familiären Konflikte begleiten ihn Zeit seines Lebens. Eine Aussöhnung gibt es erst, als die Familie bei der Uraufführung von Carlos Acostas Erfolgsproduktion „Tocororo. Eine kubanische Geschichte“ (Premiere im Sadler's Wells Theater in London, 2005), in dem er seine Lebensgeschichte tänzerisch darstellte.
Doch sein Weg ist unaufhaltsam. Seine engagierte Ballettlehrerin „Chery“ Romana de Sáa beschließt, dass er das Angebot, mit 17 als Solist beim English National Ballet engagiert zu werden, nicht ausschlagen kann, und sie nimmt das Risiko, das damit verbunden ist, auf sich. Denn Acosta war schließlich bereits beim Nationalen kubanischen Ballett aufgenommen worden, ein Engagement, das für alle Ballettstudenten des Landes die höchste Auszeichnung darstellte. Andererseits wussten alle, dass es bei der Rollenbesetzung junge Begabungen nicht fördert.
Beim English National Ballet macht eine Knöchelverletzung seinem steilen Aufstieg ein jähes Ende und er kehrte wieder nach Kuba und zu seiner Familie zurück. Der Knochensporn sollte immer wieder auftreten und drei Operationen zur Folge haben. Über diese Zeit hilft ihm seine leidenschaftliche Geliebte und Freundin Estefania hinweg.
Nach seiner Genesung nimmt ihn die herrische Alicia Alonso ins Kubanische Nationalballett auf, aber in einer niedrigen Position mit einem Gehalt von 138 Pesos bzw. 1 Dollar im Monat. Acosta muss seinen Stolz schlucken und ihm wenig angenehme Rollen, wie den Alten in Ödipus Rex tanzen.
Aus diesem Schicksal erlöste ihn Ben Stevenson, der ihn zu einer angemessenen Gage zum Houston Ballett holte. 1988 holt ihn das Royal Ballet als ersten Solisten.
Acosta gelingt mit seiner Autobiografie eine flott erzählte Geschichte. Man erfährt in diesem Buch viel über Kuba, über die Welt der Intrigen in den Ballettensembles (obwohl sich Acosta immer mit größter Diskretion darüber äußert). Ausführlicher geht er da schon auf die Sex-Spiele mit Freundinnen oder auf die Stimmung der (kubanischen) Emigranten in London ein.
Carlos Acosta. Kein Weg zurück
Erscheinungsjahr: 2008
ISBN: 978-3-7957-0192-5
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Es ist das romantische Ballett schlechthin und aus dem Repertoire der großen Opernhäuser und Ballettcompagnien nicht wegzudenken: „Giselle“. Der Inhalt dieses Werkes hat TanzwissenforscherInnen bisher immer wieder zur Auseinandersetzung mit sozial- und genderwissenschaftlichen Aspekten animiert.
Wenig ist bisher über die Choreografie des Balletts veröffentlicht worden. Das Deutsche Tanzarchiv Köln hat nun eine aus den 1860er Jahren stammende Notation von Henri Justament als Faksimile-Ausgabe herausgebracht, die einen neuen Zugang zu der 1841 in Paris zur Uraufführung gelangten Originalversion erlauben könnte. Die bisher bekannten Quellenmaterialien beziehen sich großteils auf das Libretto von Théophile Gautier und Henri Vernoy de Saint-Georges nach einer Geschichte von Heinrich Heine. Auch die neben der Originalpartitur von Adolphe Adam existierende handschriftliche Kopie der Partitur mit Anmerkungen des Korrepetitors, der das Ballett 1842 mit St. Petersburger Ballett einstudierte, bezieht sich vor allem auf den Handlungsverlauf.
Mit Justaments Notation liegt als die einzige choreografische Quelle dieses Balletts aus der Entstehungszeit vor. Anhand seiner handschriftlichen Strichmännchen, Bodenwegen, Anordnungen der Tänzerinnen und Texten lässt sich das Ballett sehr gut verfolgen - und es unterscheidet sich weitgehend von dem, was wir heute auf unseren Bühnen sehen, auch wenn die Inszenierung angeblich dem Original von Coralli/Perrot folgt. Andererseits ist es natürlich auch nicht gesichert, wie viele von Justaments (er war 1868/69 Chefchoreograf an der Opéra Paris) eigenen choreografischen Interventionen in diese Notation eingeflossen sind. Viele Fragen, etwa wie treu diese Notation der Originalchoreografie folgt, bleiben offen. „Dennoch soll hier mit der Publikation von Justaments „Giselle“-Aufzeichnung gar nicht ein bereits erforschter fund präsentiert werden, sondern vielmehr die Forschung durch die Zugänglichmachung der Quelle im Faksimile zur Auseinandersetzung mit dem Fundstück angeregt werden“, beschreibt der Herausgeber Frank-Manuel Peter seine Intention. Er plant dieses Dokument, das das Deutsche Tanzarchiv Köln 2002 auf einer Auktion erwarb, zum Anlass eines Symposiums zum Thema „Giselle“ zu nehmen.
Außerdem hat Peter in diesem Faksimile-Band auch den Text von Therese von Artner "Der Willi-Tanz. Eine slavische Volkssage" aus dem Jahr 1822 publiziert.
Abgesehen vom wissenschaftlichen Nutzen dieses Fundstückes ist es auch eine sehr attraktive Ergänzung für die Bibliothek von Ballettliebhabern. Justaments Zeichnungen sind beredte und zauberhafte Belege über die Kunst der Choreografie und der Tanznotation im 19. Jahrhundert.
Frank-Manuel Peter (Hg): Giselle ou les Wilis. Ballet Fantastique en deux actes. Notation von Henri Justament aus den 1860er Jahren
Erscheinungsjahr: 2008
ISBN: 978-3-487-13830-5
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Jo Ann Endicott, Tänzerin der ersten Stunde in Pina Bausch' Tanztheater Wuppertal, ist für immer gefangen. In ihrem Buch schildert sie eindringlich, wie sie versucht, ihr Leben zwischen den Ansprüchen der genialen Choreografin und ihrer Familie in Einklang zu bringen.
Es ist ein Hass-Liebe, die Jo Ann mit Pina verbindet. Einerseits ist da die absolute Bewunderung: „Man kann sie nicht mit Worten beschreiben. Vielleicht Tanzschöpferin? Elegant gleitet die Tanzkönigin durch den Saal. Ikone, Legende, Idol, Heldin, Madonna. Sie ist sehr, sehr besonders. Sie ist Pina Bausch. And I guess I still love her“, schreibt sie.
Und das obwohl ihre jahrzehntelange Zugehörigkeit zur Compagnie auch eine ziemliche Leidensgeschichte ist. Denn Pina will alles von ihren Mitarbeiterinnen. Wenn sie in der Sekunde, in der sie sie braucht, nicht zugegen sind, ist sie beleidigt und zutiefst enttäuscht und lässt sie fallen. Dann vergehen Jahre, in denen Endicott auf einen ihrer Anrufe wartet, der sie wieder in den Schoß des Tanztheaters zurückholen sollte. Er kommt nicht - oder er kommt doch, denn Pina braucht eine Assistentin, die mit der Pariser Oper den „Sacre“ einstudiert, die das Projekt „Kontakthof mit Damen und Herren über 60“ einstudiert, eine die für die unglaublich vielen Projekte zur Hand ist.
Das Buch „Warten auf Pina“ vermittelt aber auch Einblick in die Psyche der Pina Bausch. Wie sie sich bei jeder Produktion völlig verausgabt und Raubbau an ihrer Gesundheit treibt, der sie an den Rand der absoluten Erschöpfung treibt. Es portraitiert Pina als fürsorglich-liebende und als tyrannisch-manipulierende Frau gegenüber ihren TänzerInnen und als eine von ihrer Kunst Besessene. Eine zwiespältige Persönlichkeit, die alle zu faszinieren und zu fesseln weiß.
Jo Ann Endicott kommt von ihr nicht los, nimmt nach jahrelangem Warten auf Pinas Anruf die fixe Assistenzstelle an, wohl wissend, dass sie damit vollkommen zu Pinas Verfügung sein muss. Die Familie zieht nicht mit - Jo Ann Endicott bleibt allein, aber bei Pina. Das Leben hat einen neuen Sinn.
Ein lesenswertes, lebendig geschriebenes Dokument über das Leben in den Fängen der größten Tanzschöpferin des 20. Jahrhunderts.
Jo Ann Endicott: Warten auf Pina. Aufzeichnungen einer Tänzerin
Erscheinungsjahr: 2009
AvivA Verlag
ISBN: 978-3-89487-631-9
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Mehr als hundert Jahre ist es her, dass Sergej Diaghilew, russischer Entrepreneur und Impresario (Produzent würde man heute einfach sagen) auszog, um dem westlichen Europa russische Kultur näher zu bringen. Zeigte er anfangs in den Saisons Russes Bilder und veranstaltete Konzerte, so hob er 1909 auch die russische Tanzkunst auf die Bühne von Paris. „Les Ballets Russes“ feierten 20 Jahre lang Triumphe und die Namen der Künstler - TänzerInnen ebenso wie ChoreografInnen, bildende KünstlerInnen wie auch Komponisten zählen heute noch zu den Besten ihres Genres.
In Kooperation der Theatermuseen in München und Wien ist eine Ausstellung zu diesem Jubiläum entstanden, die ihren bleibenden Wert durch den reichlich bebilderten Begleitband erhält. Darin geht es nicht nur um das Thema der Ausstellung, die „russischen Bildwelten“, wie es die beiden Kuratorinnen Prof. Dr. Claudia Jeschke, Ordinaria für Tanzwissenschaft an der Universität Salzburg und Dr. Nicole Haitzinger, ebenfalls an der Salzburger Fakultät beschäftigt, formulieren, sondern auch um den Stellenwert der Ballets Russes im der Geschichte des Balletts, um einzelne Produktionen, um die Rezeption der Ballets Russes in Mitteleuropa und ganz speziell um die Auftritte der Truppe in Wien. Namhafte Tanzwissenschafterinnen wie Andrea Amort oder Gunhild Oberzaucher-Schüller (um nur die hier bekannten zu nennen) haben Beiträge geliefert, die diese Glanzzeit der Ballettkunst noch einmal lebendig werden lassen. Im Beitrag über die Ballets in Wien kann man übrigens mit Erstaunen lesen, dass Bronislawa Nijinska Ballettchefin an der Wiener Oper gewesen war. Clemens Kraus hatte sie überredet, doch sie hielt es nicht lange aus an der Donau. Nach nur wenigen Wochen beendete sie im Herbst 1930 ihren Vertrag.
Interessant zu lesen ist auch, dass die Verklärung der Leistung Diaghilews und der von ihm engagierten KünstlerInnen eine nachträgliche ist. Zeitgenossen kritisierten nicht nur die Traditionsgebundenheit so mancher Aufführung sondern auch die Praxis, eigene Kompositionen für einen Ballettabend zu bestellen. Spannend ist auch zu lesen, wie sehr „russisch“ das gesamte Diaghilewsche Unternehmen war, wie sehr die Ballette von den Strömungen in Russlands Kunst beeinflusst waren und sich mit diesen wandelten.
Zur Auffrischung bekannter Tatsachen dient der von Petra Kraus zusammengestellte Anhang über „wichtige Mitarbeiter“ (darunter natürlich auch Frauen und nicht nur die Nijinska) der Ballets Russes und die Stückbeschreibung einiger Produktionen. Ein Kalender der Tourneen rundet den informativen Anhang ab.
Der mit Tamara Karsawina als Feuervogel geschmückte Band ist kein Buch, das man im Regal verstauben lässt. Man wird es immer wieder zur Hand nehmen, sich an die Ausstellung erinnern, die Bilder genießen und sich beim Lesen der Texte die nicht nur russischen Bewegungswelten imaginieren.
Nicole Haitzinger / Claudia Jeschke: Schwäne und Feuervögel. Die Ballets Russes 1909-1929
Erscheinungsjahr: 2009
Henschel Verlag
ISBN: 978-3-89487-630-2
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