Die erfüllende Premiere von Sol Léon und Paul Lightfoot zum Auftakt der Münchner Ballettfestwoche 2023 war ein ergreifendes Panoptikum aus Lebensfreude und Vergänglichkeit. Dieser Zweiteiler hat eine enorme, ergreifende Wucht. Ganz wie der Titel „Schmetterling“ es verspricht, kommt alles Erdenschwere, das die namenlosen Protagonisten auf der Bühne umtreibt, in seiner Vehemenz und inhaltlich aufgeladenen Intensität letztlich herzgewinnend über die Rampe. Emotional nicht berührt oder gar mitgerissen zu werden, bleibt schier unmöglich bei einer Riege von insgesamt 20 beteiligten Tänzerinnen und Tänzern, die hier – mimisch wie körperlich fantastisch – eine gigantische Palette an Gefühlskräften mit vulkanischer Power walten und wirken lassen, sogar wenn sie im Zarten etwas andeuten.
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So richtig glücklich machte die erste Vorstellung der diesjährigen Frühlingsmatineen der Heinz-Bosl-Stiftung trotz sehr ehrgeizigem Stückwerk nicht. Leider. Dabei hat wohl nie zuvor ein vom Bayerischen Junior Ballett München fabelhaft präsentiertes Schlussstück dermaßen perfekt an die – terminlich wie gewohnt verzahnte – Ballettfestwochen-Premiere angedockt. Grund hierfür mag das angestrebte „engere Zusammenrücken“ von Ivan Liška – seit Konstanze Vernons Tod vor zehn Jahren Künstlerischer Leiter der Juniorkompanie wie der Matineen – und Staatsballettchef Laurent Hilaire im Hinblick auf eine noch intensivere Nachwuchsförderung sein.
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Er rückt näher, der Horizont, der das eigene, jetzige Leben mit seiner unabwendbaren Finalität begrenzt. Und das verschiebt den Blick, der in jüngeren Jahren auf die Gestaltung des Erwerbslebens und seiner Identität in realen und seit Jahren auch in virtuellen Welten gerichtet ist, hin zum immer überschaubarer werdenden Rest des Lebens. „oder Hyper Hyper oder Melancholia“ ergänzt Otmar Wagner (Ü50) den Titel seiner neuesten Arbeit.
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Bis heute trägt die Musik der vorvorigen Jahrhunderwende wesentlich zu Wiens Image bei. Jedes Jahr erklingen auf der ganzen Welt zu Neujahr die Walzer der Strauß-Familie. „Alles Walzer“ tönt es einmal im Jahr aus der Staatsoper. Die tänzerische Interpretation von Grete Wiesental und ihren Schwestern ist hingegen weitgehend vergessen. Nun haben sich vier Tänzerinnen auf die Spurensuche dieses speziell wienerischen Tanzstils und das darin ausgedrückte Lebensgefühl begeben.
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„Wir müssen handeln!“ So der trotz seines bereits 2011 mit „Sweat Baby Sweat“ einsetzenden internationalen Erfolges noch vergleichsweise junge Choreograf Jan Martens. Sein im Sommer letzten Jahres beim Festival d'Avignon uraufgeführtes Stück „Futur Proche“ (Nahe Zukunft) erlebte hier seine Österreich-Premiere. Musikalisch, tänzerisch und inhaltlich ein wegweisender Abend.
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„I love you all! I love you all!“ Das Solo „Mountains“, der erste Teil des Diptychons „On Earth I'm Done“ des schwedischen Choreografen Jefta van Dinther, gibt dieses göttliche Statement dem zweiten mit auf den Weg. In „Islands“ tanzt die schwedische Kompanie Cullberg in einer „Zeit danach“. Das Prä-Humanoide hat die Chance auf einen von höchster Stelle autorisierten Neuanfang. Enden jedoch wird diese brillant getanzte - wiederum allzu menschliche – Geschichte mit einem dramatischen Appell.
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Ist es Absicht? Um den Bewegungsroboter Coppélia zu zeichnen, nutzt Edward Clug in seiner modernen Interpretation des Klassikers für das Theater Basel auch ein Element, das eines der Markenzeichen des Stils Sharon Eyals ist: Das Gehen auf den Ballen bei maximal gestreckten Füßen. Es erfordert die ebenso völlig durchgestreckte, nicht-menschliche, lotaufrechte Haltung des gesamten Körpers. Wenn Clug dieses Element mit Absicht nutzt, so wäre es ein durchaus feinsinniger Kommentar des Choreographen zum Stil und Menschenbild der Werke seiner Kollegin.